Bei der Wahl, welches Schiff die „Germania“ während der „2. Deutschen Nordpolarfahrt“ begleiten sollte, fiel die Wahl auf die preußische Schonerbrigg „Fulton“. Zuletzt war die Brigg als Kauffahrteischiff zwischen Europa und Indien unterwegs gewesen.
Das Schiff wurde 1864 erbaut, gelangte für 8000 Taler (147.000 Euro) in den Besitz des Bremer Komitees zur Unterstützung der Expedition und erhielt den neuen Namen „Hansa“. Offiziell wurden am 24. Mai 1869 unter der Nummer 314 die sieben Bremer Kaufleute Alexander Georg Mosle, Georg Albrecht, Christian Hermann Noltenius, Hermann Heinrich Meier, Johann Wilhelm Nielsen, Philipp Richard Fritze und Dietrich Heinrich Wätje ins Schiffsregister des Norddeutschen Bundes als Eigentümer eingetragen. Das Unterscheidungssignal lautete QCHP.
Gerüstet für Eisfahrten
Das Segelschiff maß 30 Meter in der Länge und sieben Meter in der Breite. Sein Tiefgang lag ähnlich wie der der „Germania“ bei zirka vier Meter. Die „Hansa“ war um 100 Tonnen größer als die „Germania“ und wurde von der Werft F.W. Wencke & Co. für die bevorstehende Eisfahrt verstärkt. Die Außenhaut der „Hansa“ erhielt eine fast neun Zentimeter dicke Spikerhaut aus Eiche, die mit 0,5 Zentimeter dicken Eisenplatten belegt wurden. Der Vordersteven erhielt einen Vorstoß aus Schmiedeeisen, um den man ebenfalls 0,5 Zentimeter dicke Eisenplatten legte. Das Deck der „Hansa“ wurde so weit wie möglich von allen Aufbauten befreit.
Das Kommando übertrug man Kapitän Friedrich Hegemann. Ihm unterstand eine 13-köpfige Besatzung. Als man am 15. Juni 1869 Bremerhaven zusammen mit der „Germania“ Richtung Ostgrönland verließ, befanden sich 110 Tonnen Kohlen als Brennstoff für den Dampfer „Germania“ an Bord der „Hansa“.
Bis zum 20. Juli 1869 blieben die beiden Schiffe weitgehend zusammen. Dann wurde bei aufziehendem Nebel ein Signal der „Germania“ von der „Hansa“ falsch verstanden. Auf der Position 74° 4’ nördlicher Breite verloren sich die Schiffe am Ostrand des Packeises aus den Augen. Fortan waren die Besatzungen auf sich allein gestellt. Mehrmals versuchte Kapitän Hegemann in der Folge, das dichte Eis zu passieren, um zur Küste vorzustoßen. Vor der Abreise in Bremerhaven hatte man für solch einen Fall vereinbart, sich in Höhe von 75° nördlicher Breite zu treffen. Alle Versuche scheiterten jedoch. Schließlich wurde die „Hansa“ von Eis besetzt und trieb mit der Strömung Richtung Süden. Durch die dauernden Eispressungen schlug das Segelschiff leck, sodass es in der Nacht zum 22. Oktober 1869 auf der Position 70° 52’ nördlicher Breite sank. Die Besatzung rettete sich aufs Eis und legte in den kommenden 200 Tagen rund 2000 Kilometer zurück.
(Über-)Leben auf dem Eis
Die Situation war im November und Dezember noch relativ erträglich für die „Hansa“-Männer. Sie hatten sich aus den Kohlen der „Germania“ ein Haus auf dem Eis gebaut und ausreichend Proviant auf die Scholle retten können. Als zum Jahreswechsel 1869/70 aber heftige Stürme aufzogen, klaffte wenige Tage später eine große Eisspalte auf und sprengte einen Teil der Scholle ab.
Bis zum 7. Mai 1870 lebten die Expeditionsteilnehmer auf dem Eis. Dann erkannten sie freies Wasser Richtung Küste und entschieden, mit ihren drei Beibooten – „Hoffnung“, „König Wilhelm“ und „Bismarck“ – die Missionsstation der Herrnhuter Bruderschaft in Frederiksdal anzusteuern. Sie erreichten ohne ein einziges Besatzungsmitglied verloren zu haben das Dorf am 13. Juli 1870 und gelangten via Kopenhagen am 3. September 1870 wieder nach Deutschland.
Auch wenn die bis zum Untergang der „Hansa“ gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse alle verlorengingen, brachte die unfreiwillige Schollenfahrt erstmals klare Vorstellungen über die Meeresströmungen an der Ostküste Grönlands.